Karoline von Günderrode – Romantik, Erfolg und Grenzen

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Karoline von Günderrode

Zeichnung, frei nach einem anonymen Porträt um 1800.

Heute vor 236 Jahren, am 11. Februar 1780, wurde in Karlsruhe, im bürgerlichen Haus eines Regierungsrates, die deutsche Schriftstellerin und Dichterin Karoline von Günderrode geboren. Sie sollte eine bedeutende Vertreterin der Romantik werden, gleichzeitig aber auch zeitlebens unter den Grenzen leiden, welche die patriarchale Welt einer Frau, wenn auch gebildet und aus guten Hause, damals setzte. Um ernst genommen und auch um nicht verspottet zu werden veröffentlichten Frauen Gedichte und Aufsätze meist unter Pseudonymen. Karoline verwendete den Namen „Tian“. Als sie sechs Jahre alt ist, stirbt ihr Vater und mit 17 Jahren kommt sie in ein Damenstift für unverheiratete und verwitwete adelige Frauen nach Frankfurt am Main. Die Notwendigkeit einer solchen Institution spiegelt ebenfalls die weibliche Stellung in der Gesellschaft wieder. Ehe, Hausfrau und Mutter; Haushalt und dessen Repräsentanz, dies war die Rolle, die einer Frau von Karolines Stand zugedacht war. Doch ihr wacher Geist erkannte, dass es jenseits dieses Horizontes noch andere Ländereien gab. Karoline beschäftigte sich mit antiker und nordischer Mythologie, bewegte sich im Spannungsfeld zwischen Aufklärung und Naturerfahrung1 . In einem Brief an Gunda (Clemens Brentanos Schwester) beklagte sie den Mangel an tiefgreifendem Wissen: „Überhaupt ist mir ganz unbegreiflich, dass wir kein anderes Bewusstsein haben als Wahrnehmung von Wirkungen, nirgends von Ursachen.“² Günderrodes Leben war geprägt von der Vorstellung eines Lebens in Authentizität, jenseits der gesellschaftlichen Norm, abseits von Bürgerlichkeit, völlig dem Künstlertum gewidmet. Eine Neigung das Leben maßlos emotional zu führen. In ihren Gedichten finden sich heftige Leidenschaften, Aufwallungen und Anfälle tiefster Verzweiflung.3  Ebenfalls in einem Brief an Gunda:

„Schon oft hatte ich den unweiblichen Wunsch, mich in ein wildes Schlachtgetümmel zu werfen, zu sterben. Warum ward ich kein Mann! Ich habe keinen Sinn für weibliche Tugenden, für Weiberglückseeligkeit. Nur das wilde Große, Glänzende gefällt mir. Es ist ein unseliges aber unverbesserliches Mißverhältnis in meiner Seele…denn ich bin ein Weib und habe Begierden wie ein Mann, ohne Männerkraft. Darum bin ich so wechselnd, und so uneins mit mir.“

Der Leser kann erkennen, dass diese Zeilen im Grunde die Sehnsucht nach persönlicher Freiheit ausdrücken. Eine Freiheit die um 1800 nur den Männern zusteht. Auch die französische Revolution, deren Ideen sie begeisterten sollte daran wenig ändern. Das Bild das sie zeichnet lässt eine Assoziation zu Eichendorffs Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ zu:

„Ich möcht’ als Reiter fliegen
Wohl in die blut’ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.“

Karoline von Günderrode hatte ein bewegtes Leben. Darin tauchen Namen wie Achim von Arnim, Clemens und Bettina Brentano und Goethe auf. Ihre Dichtung zeigt auch typische Motive und Inhalte der Klassik, die Antike galt ihr jedoch viel mehr als Traumwelt, denn als Beispiel. So emotional sie gelebt hatte so tragisch war auch ihr Tod. Tief getroffen durch eine letztendlich unerfüllte Liebe, erdolchte sich die Dichterin am 26. Juli 1806 in Winkel am Rhein mit einem Stich ins Herz. Tags darauf fand man sie im Wasser liegend.

Selbstmord Günderrode

Zum Abschluss noch eines ihrer Gedichte. Kann man zwischen den Zeilen auch die eingeschränkte Rolle der Frau um 1800 erkennen?

Der Luftschiffer

„Gefahren bin ich im schwankenden Kahne
Auf dem blaulichen Ozeane,
Der die leuchtenden Sterne umfließt,
Habe die himmlischen Mächte begrüßt.
War in ihrer Betrachtung versunken,
Habe den ewigen Äther getrunken,
Habe dem Irdischen ganz mich entwandt,
Droben die Schriften der Sterne erkannt
Und in ihrem Kreisen und Drehen
Bildlich den heiligen Rhythmus gesehen,
Der gewaltig auch jeglichen Klang
Reißt zu des Wohllauts wogendem Drang.
Aber ach! es ziehet mich hernieder,
Nebel überschleiert meinen Blick,
Und der Erde Grenzen seh ich wieder,
Wolken treiben mich zurück.
Wehe! das Gesetzt der Schwere
Es behauptet nur sein Recht,
Keiner darf sich ihm entziehen
Von dem irdischen Geschlecht.“

Wer mehr über Karoline von Günderrode bewegtes Leben wissen möchte:

Lesenswerter Artikel von Katja Behrens (zuletzt aufgerufen: 11.02.2016)

Sendung „Lyrik für Alle“ von Lutz Görner (zuletzt aufgerufen: 11.02.2016)

Quellen:

(1) Waltraud Schade: Bettine Brentano und Karoline von Günderrode. Ein Gespräch, Berlin 2006, S. 13-18.

(2) Ebd. S. 19.

(3) Monika Werner-Schoene/Dieter Schoene: Karoline von Günderrode. Eine tragische Idealistin, in: Elke Pilz (Hrsg.): Bedeutende Frauen des 18. Jahrhunderts. Elf biographische Essays, Würzburg 2007, S. 173-188, hier S. 182-186.

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